Blick in eine Vitrine mit Pinseln und Mal- und Farbgefäßen

Auf der Goldwaage

Elke_Arnold | 27.04.2021 Lettiner Porzellan

Ein Fläschchen mit flüssigem Gold und ein spitzer Pinsel: Das waren die wichtigsten Arbeitsmittel von Monika Herrmann in ihrer Zeit als Kerammalerin im Porzellanwerk Lettin.

„Schwalbenschwanz“, „Schmitz“ oder „Blättchen“ hießen die Dekorelemente, die sie mit ruhiger Hand auf Tassenhenkel oder Kannendeckel auftrug. Umlaufende goldene Linien entstanden an der Drehscheibe. Oft wurden Motive aus Schiebebildern vervollständigt. Schiebebilder waren vorgefertigte Dekore, die ähnlich einem Abziehbild auf das Porzellan geklebt wurden.

Detail Tassenhenkel mit Goldstreifen

Der Goldstreifen am Tassenhenkel heißt "Schmitz".

Hand mit Rakel an einer Untertasse

Nach dem Übertragen wurde das noch nasse Dekor mit dem Rakel aus Gummi glattgestrichen.

Sammeltassengedeck im Regal

Sammeltassengedeck von Monika Herrmann in der Ausstellung

Neben in hohen Stückzahlen produziertem Geschirr zum Sammeln oder zum Benutzen kamen Monika Herrmann auch Sonderaufträge unter den Pinsel: Porzellanobjekte zu Jubiläen oder Pokale zum Beispiel.

Tausende Porzellanteile gingen zwischen 1977 und 1985 durch Monika Herrmanns Hände. Alles, was sie an Lettiner Porzellan selbst besitzt, trägt ihre Handschrift. Wenn sie mit ihren Sammeltassen in verschiedenen Dekoren eine Kaffeetafel deckt, braucht es keinen Blumenschmuck. Jedes Gedeck ist individuell und zudem mit Erinnerungen verbunden.

Die zwei Vasen mit Blumenranken und Goldrand waren ein Geschenk des Betriebes an seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anlässlich des 125jährigen Firmengeburtstages. „Es gab zu besonderen Anlässen immer schöne Geschenke, oft auch aus den anderen Porzellanbetrieben.“ Wenn Monika Herrmann aus ihrer Lettiner Zeit erzählt, merkt man ihr die Leidenschaft für ihren Beruf und auch für das Werk an.

Sie berichtet von Reisegruppen, die in Bussen zur Betriebsbesichtigung kamen. Stolz ist sie auf die Produkte aus Lettin. Viele gingen in den Export, mit Abstand die meisten Teile in die damalige UdSSR. Dafür gab es eine eigene Produktionslinie mit Objekten im Rot-Gold-Dekor.

Schwarz-Weiß-Foto mit Monika Herrmann am Arbeitsplatz

Monika Herrmann an ihrem Arbeitsplatz in der Malabteilung 1980

Vitrine mit Maluntensilien, Farbgefäßen und Drehscheibe

Die wichtigsten Werkzeuge für die Porzellanmalerei: Pinsel und Drehscheibe (im Hintergrund), außerdem Farben und flüssiges Gold.

Werksausweis

Ausweis für Werksangehörige

Zwei Vasen mit Blümchenrankendekor und Goldrand

Vasen als Geschenke für Werksangehörige anlässlich des 125jährigen Firmenjubiläums

handbemalte Vase mit Irismotiv

Die Vase mit dem Irismotiv fertigte Monika Herrmann im Feierabendzirkel.

Technische Zeichnung mit zwei Tassen und Flächenentwürfen

Flächenentwürfe für Tassen aus der Ausbildungszeit am Colditzer Porzellanwerk

Frau Herrmann erzählt auch von einem besonderen Angebot für die Werksangehörigen: In einem Zirkel konnte man sich nach Feierabend in verschiedenen Fertigungs- und Dekortechniken ausprobieren und weiterentwickeln. Ihre Vase mit dem Irismotiv entstand dort, sie ist ein Unikat.

Zwei Jahre dauerte die Ausbildung zur Keramdekoriererin. Ausbildungsbetrieb war das Porzellankombinat Colditz, zu dem das Lettiner Werk und das Ilmenauer Porzellanwerk gehörte. Alle drei ehemals traditionsreichen Porzellanstandorte sind seit den frühen 90er Jahren Geschichte.

Nach ihrer Ausbildung fing Monika Herrmann in der Abteilung Dekoration im Lettiner Werk an. Wie ihre etwa 20 Kolleginnen übertrug sie Schiebebilder im Akkord. Wer das nötige Geschick und Talent mitbrachte, hatte die Chance, zur Malabteilung zu wechseln, wenn dort einer der begehrten 8 Arbeitsplätze frei wurde. Monika Herrmann gelang es und so zog sie an die Fensterseite des Raumes um und tauschte Rakel mit Pinsel.

Ihr Fläschchen mit der goldenen Farbe wurde vor und nach dem Dienst gewogen. Ideal war es, mit so wenig Gold wie nötig so viele Porzellanobjekte wie möglich zu verzieren. Natürlich musste die Qualität der Ausführung stimmen, also die Art der Linienführung und die vorgegebene Breite des Goldrandes. Dann durfte man sich über eine Prämie in Form von Extrageld freuen.

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